Zu hohe Hürden für Senioren-Assistenten bremsen die ambulante Betreuung aus

Hürden für Senioren-Assistenten

Idee und Zielsetzung waren grundsätzlich gut: Neben ambulanten Pflegediensten können seit Mai 2019 auch durch die Pflegekassen anerkannte Betreuungsdienste Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI abrechnen. Möglich macht dies das im März 2019 vom Bundestag verabschiedete Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Doch das, was als Professionalisierung der ambulanten Betreuung und große Chance zur Unterstützung pflegebedürftiger Menschen und Entlastung pflegender Angehöriger gedacht war, scheint ein gutes Jahr später wenig hilfreich gewesen zu sein.

Anforderungen schrecken Senioren-Assistenten ab

Die Bilanz zeigt, dass inzwischen nur wenige zusätzliche Betreuungsdienste die ambulanten Pflegedienste ergänzen. So zählte der GKV Spitzenverband im März 2020 nur 32 anerkannte Betreuungsdienste zur Erbringung von Sachleistungen nach § 36 SGB XI. Insbesondere für Senioren-Assistenten als Einzelanbieter lohnt sich die Gründung eines Betreuungsdienstes meist nicht. „Die Hürden sind einfach zu hoch“, erläutert Carolin Favretto, Vorsitzende der Bundesvereinigung der Senioren-Assistenten Deutschland (BdSAD). „Die Vorgaben, die ein Betreuungsdienst erfüllen muss, entsprechen fast denen für einen Pflegedienst.“ So müssen Betreuungsdienste beispielsweise eine verantwortliche Pflegefachkraft in hauptberuflicher Vollzeitbeschäftigung (PDL), eine Vertretung dieser PDL, von außen erkennbare Geschäftsräume sowie ein ähnlich anspruchsvolles Qualitätsmanagement wie ambulante Pflegedienste vorweisen. „All das schreckt ab und ist auch nicht zielführend“, so die BdSAD-Vorsitzende.

Flickenteppich in den Bundesländern

Zudem erschweren unterschiedliche Bedingungen in den einzelnen Bundesländern den Senioren-Assistenten die Arbeit. Zwar gilt das TSVG bundesweit, doch die Verordnungen der einzelnen Bundesländer zur Anerkennung von Einzelanbietern nach § 45 SGB XI unterscheiden sich. „Kann beispielsweise die Entlastungsleistung im schleswig-holsteinischen Norderstedt durch einen qualifizierten Senioren-Assistenten erbracht und abgerechnet werden, so ist dies im benachbarten Hamburg für denselben Anbieter nicht möglich“, stellt Carolin Favretto fest. „Insofern hat sich am Flickenteppich der Bundesländer bei der Anerkennung von Einzelanbietern zur Erbringung von Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI bislang leider wenig geändert.“

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Für ein Plus an Lebensqualität

Getreu dem Motto der gesetzlichen Pflegeversicherung „ambulante vor stationärer Pflege“ werden momentan rund drei Millionen pflegebedürftige Menschen zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt. Das bedeutet für diese eine enorme körperliche und psychische Belastung. Natürlich gibt es zur Unterstützung viele Hilfsangebote wie beispielsweise Tagespflege, Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege und Alltagsentlastungsleistungen. Doch gerade zu Beginn der Corona Pandemie im März/April 2020 waren diese nicht mehr verfügbar. Inzwischen hat sich die Situation wieder entspannt, dennoch fehlen bundesweit Hilfsangebote, um die Pflegebedürftigen zu unterstützen und pflegende Angehörige zu entlasten.

Nachbesserungen sind also unabdingbar. „In allen Bundesländern sollten gleiche Standards für die Erbringung von Alltagsentlastungsleistungen gelten“, fordert Favretto. Wenn Senioren-Assistenten bundesweit als Einzelanbieter ihre Arbeit gemäß § 45b SGB XI abrechnen könnten und die Hürden zur Gründung von Betreuungsdiensten angepasst würden, käme Pflegebedürftigen und deren Angehörigen eine breitere Palette an Hilfsangeboten und damit mehr Lebensqualität zu Gute.

Über tausend qualifizierte Senioren-Assistenten sind inzwischen bundesweit selbständig tätig; viele davon sind in der BdSAD organisiert. Durch ihre Mitgliedschaft verpflichten sie sich zur Einhaltung hoher Qualitäts- und Ethikstandards bei ihrer Berufsausübung und zu regelmäßiger Fortbildung. Ausführliche Informationen sowie Kontaktaufnahme zu Senioren-Assistenten vor Ort unter www.bdsad.de.

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