Der Stuttgarter Georg Thieme Verlag lädt in Kooperation mit dem Deutschen Hebammenverband e. V. (DHV) vom 13. bis 14. November 2020 zum Forum Hebammenarbeit ein. Aufgrund der Corona-Pandemie findet die Veranstaltung erstmals online statt. Expertinnen und Experten aus Forschung, Lehre und Praxis vermitteln Hebammen Fachwissen für ihren Praxisalltag in zwölf virtuellen Vorträgen. So wird Dr. med. Larry Hinkson von der Berliner Charité über aktuelle Forschungsergebnisse zur äußeren Wendung bei Beckenendlage sprechen. Über die notfallmäßige Erstversorgung kranker Neugeborener informiert Kinderarzt Professor Dr. med. Michael Schroth. Darüber hinaus stehen Themen wie Babyschlaf oder die Unterschiede zwischen Mutter- und gespendeter Frauenmilch auf dem Programm. Alle Vorträge werden aufgezeichnet und sind bis 14 Tage nach dem Online-Kongress für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zugänglich.
In der Regel dreht sich das Baby zwischen der 21. und 24. Schwangerschaftswoche (SSW) mit dem Kopf nach unten. Nur etwa bei fünf Prozent der Schwangerschaften liegt danach noch eine Beckenendlage vor. In diesen Fällen birgt eine Spontangeburt Risiken für Mutter und Kind, weshalb Mediziner oft zu einem Kaiserschnitt raten. Ab der 36. SSW ist es jedoch möglich, die Position des Kindes von außen zu beeinflussen. Dr. med. Larry Hinkson führt am Universitätsklinikum Charité Berlin eine viel beachtete sanfte äußere Wendung durch. Mithilfe einer speziellen Massagetechnik aktiviert er die Eigenreflexe des in Beckenendlage befindlichen Kindes. Dadurch wird es angeregt, sich geleitet vom Behandler im Uterus selbst zu drehen. Hinkson konnte dadurch die Erfolgsrate bei der äußeren Wendung von 40 auf 72 Prozent erhöhen. Derzeit erforscht er, welche Kriterien eine erfolgreiche äußere Wendung begünstigen und berichtet darüber im Rahmen der Fortbildung.
Andere Kinder wiederum benötigen gleich nach Geburt ärztliche Hilfe. In großen Kliniken werden sie dann umgehend durch Kinderärzte vor Ort betreut. Bei einer Entbindung zuhause oder in Geburtshäusern ist das nicht möglich. Hebammen sind dann auf sich allein gestellt. Professor Dr. med. Michael Schroth ist Chefarzt der Neonatologie und Kinder-Intensivmedizin in der Cnopfschen Kinderklinik in Nürnberg. Anhand verschiedener Praxisfälle erklärt er den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Forums Hebammenarbeit, woran sie einen Notfall erkennen und welche Erstmaßnahmen dann notwendig sind.
Wissenswertes für die tägliche Hebammenarbeit in der Nachsorge vermittelt Kinderarzt Dr. med. Herbert Renz-Polster. Gemeinsam mit der Journalistin Nora Imlau hat er den Ratgeber „Babyschlaf“ geschrieben. Er erklärt, warum der Schlaf von Neugeborenen oft so viel kürzer und leichter ist als der eines Erwachsenen. Anders als Eltern es erwarten, dient der Schlaf den Kleinen nur in Teilen der Erholung. Im Wesentlichen verarbeiten sie äußere Eindrücke und reifen daran. Im ersten Lebensjahr verdoppelt sich das Gehirnvolumen des Neugeborenen. Dabei werden über 100 Billionen Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen verknüpft – auch im Schlaf. Diese und weitere Informationen können Hebammen für ihre Arbeit nutzen, um übernächtigten Eltern mit Rat zur Seite zu stehen.
Des Weiteren widmet sich Dr. med. Monika Berns, Oberärztin an der Klinik für Neonatologie der Charité Universitätsmedizin Berlin, der unterschiedlichen Zusammensetzung von Mutter- und gespendeter Frauenmilch. Letztere ist insbesondere für Frühgeborene von Vorteil, wenn keine oder nicht ausreichend Muttermilch zur Verfügung steht. Untersuchungen haben jedoch auch gezeigt, dass bei der Verarbeitung gespendeter Muttermilch viele der wertvollen bioaktiven Substanzen verloren gehen. Auch berufspolitische Themen, wie das Hebammenreformgesetz oder die wissenschaftliche Betrachtung der Plazenta als Heilmittel, sind Teil der Fortbildung.
„Wir bedauern es sehr, dass wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht wie gewohnt in Wiesbaden persönlich treffen können. Die aktuelle Situation lässt eine Präsenzveranstaltung jedoch nicht zu. Umso mehr freuen wir uns, über die vielen namhaften Referentinnen und Referenten, die sich bereit erklärt haben, ihre Vorträge virtuell zu halten, so dass das Programm im geplanten Umfang bestehen bleibt. So können die Teilnehmenden ihr Fachwissen erweitern und neue Aspekte ihrer Arbeit entdecken. Zudem – und hier erweist sich das Online-Format als Vorteil – sind alle Vorträge auch bis 14 Tage nach der Veranstaltung zugänglich. So besteht für jeden die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wann er sich welchen Vortrag anhört. Ob zum Live-Termin oder im Nachgang“, erklären Anja Rieger, Executive Editor Therapy Professions, und Jelena Rukavina, Head of Professional Congress Organization, im Georg Thieme Verlag.
Die verwendete Webinar-Anwendung ist kompatibel mit allen Endgeräten, browserbasiert und bietet auch die Möglichkeit zur Interaktion. Nach jedem Vortrag haben die Teilnehmenden die Gelegenheit, per Chat Fragen an die Referentin oder den Referenten zu stellen.
Der Georg Thieme Verlag veranstaltet das Forum Hebammenarbeit in Kooperation mit dem Deutschen Hebammenverband e. V. (DHV), der die Veranstaltung im Bereich Fach- und Methodenkompetenz als geeignete Fortbildungsmaßnahme, gemäß §7 HebBO NRW, anerkennt. Den Teilnehmenden werden für beide Tage 16 Fortbildungsstunden angerechnet. Die Tage sind auch einzeln buchbar.
Das komplette Programm ist unter www.forumhebammenarbeit.de zu finden.
Dieser Artikel wurde 1,446 x gelesen